Bei mir ist nichts klar, keine Entwicklung von den Fernsehfilmen der Jugend über Musik etc., die eine Romantik enthalten, ähnlich dem, was ich heute in Bildern suche.

Oder etwas, was mich schon immer ( bildnerisch) interessiert hat, z. B. übermalte Graffitis. Das muß beruhigend sein, anzustreben, einen Zusammenhang zu finden, z. B. zu der Musik die man hört, zu wissenschaftlichen Theorien oder zu gesellschaftlichen Phänomenen. Es untermauert das, was man im Atelier macht.

Eigentlich bin ich aber auch immer skeptisch, lasse lieber im Unklaren, als für diese Sicherheit die einzelnen Dinge hinzubiegen, einzugrenzen, manches weglassen zu müssen.

Es ist ein bisschen wie sich seine kleine Welt zu bauen, sich Bezugspunkte zu setzen, da komme ich her, so sehe ich die Welt, um eine Sicherheit zu schaffen, die aber doch nicht existiert.

Der einzige Zusammenhang, den ich jetzt sehen kann, ist eine frühe Unlust an der Sprache, daß man nur denken kann, wofür es auch ein Wort, einen Ausdruck gibt, das Denken ist durch die Sprache bestimmt, eingeschlossen.

Dazu noch ist jeder für sich, weil jeder jedes Wort anders versteht, aus einer anderen Erfahrung.

Dagegen manchmal in Gesprächen oder auch in Gedanken ein Öffnen, ein Ahnen, wie in einen anderen Raum zu gehen, von etwas sehr unklarem, was, wenn es faßbar gemacht werden soll, verschwindet, besser in großen, unbestimmten Schlingen umkreist würde.

Malerei hat diese Möglichkeit zu einem Öffnen oder Ahnen. Man bewegt sich in bekannten Kreisen, und plötzlich, oft auch erst durch einen Hinweis von Außen, ist es möglich, alles ganz anders zu sehen. Man denkt, hier muß eine dunkle Fläche hin, aber oft passiert erst durch Zufall etwas, was viel richtiger ist, als diese bewußt gesetzte dunkle Fläche.

Man kann mehr malen als man weiß.

Als Sprache ist Malerei für mich reicher und offener, hat viel mehr Möglichkeiten, die Farbklänge, die entstehen können, die Dichte, die durch ganz verschiedenen Mittel entstehen kann, einen Farbe, die plötzlich schwebt, usw.

Dieses Jahr habe ich mir Stillleben aufgebaut; diese Stillleben aus der Erfahrung mit den Palettenbildern vorigen Jahres und der Schwierigkeit mit den Flecken, die zwar auf einer eckigen Fläche waren, aber Flecken, ohne feste Form und mit immer wechselnden Farben.Jetzt habe ich ein ähnliches Motiv, eine Anordnung von Farben auf einer Fläche, aber mit festen, meist eckigen Formen. Nach etlichen Versuchen eher "impressionistischer" Art wird immer mehr das Ecken- und Liniengerüst wichtig, ein einleuchtender Schritt, findet alles doch auf einer Fläche statt, die selber aus Ecken und Linien besteht. Auch daß die Orangen nur noch als Ringe da sind, weil die Bilder immer flächiger wurden und diese Kugeln mit ihren Volumen sich auch verändern mußten. An diesem Punkt jetzt gibt es viele Fragen oder Möglichkeiten über die Linienkompositionen, wie die Linien aussehen sollen, welche Dichte die Flächen haben, wie die Flächen aneinanderstoßen, Leerflächen, Balken, dünne Striche, abgekratzte Flächen...

Die Farbigheit entwickelt sich weg vom Gesehenen, verändert sich zugunsten der Bildidee. Trotzdem gibt es eine Art Grundfarbigkeit, die auch die stärkste Verbindung zu meinen früheren Bildern für mich herstellt. Diese Grundfarbigkeit ist nicht synthetisch, sondern organisch, nicht mehr so Pfützenfarbigkeit, aber immer noch eine, die sich erst auf den zweiten Blick erschließt. Keine Farbigkeit also von Werbung oder Mode oder Tulpenfeldern, sondern von dem, was man an einem grauen Tag so sieht, Häuserwände, Asphalt, Grünflächen, Straßenbahnen... Im meiner Farbigkeit sehe ich den Zusammenhang mit dem wo ich lebe und was einen hier umgibt.
Susanne Schmidt 1994








Susanne Schmidt verbaut und eröffnet in ihrer Malerei mit abstrakten Mitteln Bildräume. Ihr extremen Querformate erinnern an Landschaftliches, an einfache Gebäude, an Horizonte, an Spiegelungen einer Fata Morgana.

Sieht man genauer hin, so lassen sich die übereinandergelegten, schnell niedergeschriebenen Balken und Farbstreifen nicht benennen.

Schmidt bildet eben keine sichtbare Wirklichkeit ab. Ihr Denken orientiert sich nicht am Sprachlichen im Sinn benennbarer Gegenstände. Vielmehr tastet die Künstlerin malerisch Assoziationsräume ab, die Sprache nur ahnen lassen. Fakten und Ahnungen werden durch Farbe in Stimmungsbilder übersetzt, die unterschiedlich verdichtet stehen bleiben.
Dr. Katja Blomberg, 1999







Die Malereien von Susanne Schmidt sind durch streng gebaute Kompositionen bei gleichzeitig lasierend, transparentem Farbauftrag gekennzeichnet. Sie beziehen sich durchweg auf Raumansichten, Konstellationen von Dingen in und Fensterausblicken aus ihrem Atelier. Die Flächen und linearen Elemente der Kompositionen sind jeweils angeschnitten, wodurch der Blick auf die Raumsituation als Fragment erscheint und die Zuordnung in einen räumlichen Zusammenhang erschwert wird. Die ausschließliche Konzentration auf den Atelierraum und die Requisiten der Produktion fördert die Intensivierung der Bildsprache und zeigt die vielfältigen Möglichkeiten einer bildnerischen Befragung der Realität auf. Diese Befragung kann sich an dem Verhälthis von Innen-zu Außenraum festmachen, kann die Wahrnehmung von Farben unter veränderten Lichtverhältnissen untersuchen, oder das Zusammenspiel von realem Raum, gespiegeltem Raum und Bildraum zur absurden Irritation steigern. Der Dialog mit dem Raum- den gesehenen Raum in die Planimetrie des Bildes zu überführen, verschlüsselt diesen mittels abstrakter Kompositionsprinzipien.
Michael Voets 2006